„Attitude Change“ von Rusty Reid
- CARL

- 22. Sept.
- 2 Min. Lesezeit

Rusty Reids „Attitude Change“, die Leadsingle von The Unreasonables, schlägt mit einer rohen Unmittelbarkeit ein, die zugleich klassisch und drängend wirkt. Der Song verliert keine Zeit, eine Atmosphäre aufzubauen – er wirft dich direkt in einen gelebten Groove, der die ungefilterte Elektrizität einer Garagen-Session in Flammen trägt. Hier gibt es keine Effekthascherei, nur ehrliches Spiel, das den Geist jener Zeit kanalisiert, als Rock weniger um Perfektion und mehr um Bauchgefühl ging. Das Herzstück des Tracks liegt im Rhythmus. Das Schlagzeug atmet mit menschlicher Lockerheit und vermittelt den Eindruck von Musikern, die sich gegenseitig folgen, statt einem maschinell perfekten Tempo. Dieses natürliche Schwingen bildet das Fundament für Gitarren, die gleichermaßen schimmern und mit zurückhaltender Autorität durchschlagen. Reids Entscheidung, die Sounds klar zu halten, statt sie im Verzerrungsdunst zu begraben, zeigt einen Künstler, der keine Angst vor Leerräumen hat jeder Ton darf für sich in der Luft stehen.
Gesanglich liefert Reid mit Leichtigkeit und Überzeugung. Er spielt seine Rolle nicht übertrieben aus, sondern fügt sich mit erzählerischer Präsenz nahtlos in den instrumentalen Fluss. Seine Phrasierung hat beinahe etwas Gesprächiges, eine Art von Vortrag, die intim und zugleich universell wirkt, als würde er eine Szene beschreiben, die jeder schon einmal erlebt hat. Gerade diese Mischung aus Zurückhaltung und Selbstsicherheit macht seinen Vortrag so magnetisch. Unter der Fassade des Rock verbirgt sich ein subtiler, halluzinatorischer Schimmer. Psychedelische Nuancen fließen durch den Song nicht in plakativen Wellen, sondern als flüchtige Farbspiele am Rande des Klangs.

Diese Tiefe lädt dazu ein, den Song immer wieder zu hören, um neue Texturen und Stimmungen zu entdecken, die beim ersten Mal unbemerkt blieben. Dieses Schichtenspiel erweitert den Song, ohne das geradlinige Rockfundament jemals zu verwässern. Über das gesamte Album „The Unreasonables“ hinweg zeigt Reid seine Meisterschaft in Kontrasten. Songs wie „Let’s Just Talk“ beginnen mit Zurückhaltung und brechen dann in Weite auf, während „Crossfire“ in traumhafte Nebel mit Western-Färbung abdriftet. „Shock Me“ hingegen packt die Hörer mit rhythmischen Überraschungen und verspielten Wendungen, ein Beweis dafür, dass Rock immer noch Witz und Unberechenbarkeit tragen kann.
Jeder Track wirkt so, als wolle er sich nie festlegen, sondern ständig entwickeln. Was diese Platte zum Klingen bringt, ist ihre Echtheit. „The Unreasonables“ wirkt weder nostalgisch noch bemüht, alte Glanzzeiten nachzubauen es ist ein Album, das lebendig, locker und vital bleibt. Rusty Reid und seine Band greifen auf die instinktive Seite des Rock zu, wo Unvollkommenheit keine Schwäche, sondern eine Stärke ist und Groove mehr zählt als Glanz. „Attitude Change“ fungiert hier sowohl als Einstieg wie auch als Manifest: ein Erinnern daran, dass die wahre Kraft des Rock in seiner Menschlichkeit liegt.
SCHRIFTSTELLER: Carl





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