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,,DISENGAGED B/W SLIPPING” von Delta of Venus

  • Autorenbild: CARL
    CARL
  • 21. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit
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Mit ihrer eindrucksvollen Debüt-Visual-Single „Disengaged b/w Slipping“ liefert die aus Mystic, Connecticut stammende Band Delta of Venus mehr als nur zwei Songs – sie kreiert eine filmische, klanglich reiche Meditation über weibliche Stärke und Mythologie. Die Doppel-A-Seite erscheint am 26. November 2024 und wird durch ein immersives, langes Musikvideo unter der Regie der lokalen Künstlerin und Fotografin Michelle Gemma und dem Schnitt von James Canty lebendig. Das Projekt interpretiert die Geschichte von Jeanne d’Arc neu – nicht als tragische, in der Geschichte verlorene Figur, sondern als zeitgenössische Visionärin, die ihrem Schicksal entkommt und zur Anführerin einer modernen weiblichen Rebellion wird. Durch Ton und Bild verbindet Delta of Venus Vergangenheit und Gegenwart zu einem kraftvollen Zeugnis von Ausdauer, Selbstbewusstsein und der mystischen Kraft des Widerstands. Delta of Venus verbindet nahtlos die schimmernde Atmosphäre des Shoegaze mit der emotionalen Klarheit des Indie-Pop. Der Eröffnungstrack „Disengaged“ entfaltet sich mit halligen Gitarrenlinien und einer verträumten, atmosphärischen Klanglandschaft, die an Bands wie Slowdive erinnert. Gleichzeitig vermittelt er die melodische Intimität von Bands wie Beach House oder Alvvays. Die Gitarrenklänge glitzern wie Mondlicht auf zerbrochenem Glas – zerbrechlich, hypnotisierend und emotional aufgeladen. Die Rhythmusgruppe pulsiert sanft und erinnert an den stetigen Schlag eines kontemplativen Herzens.


Der Gesang taucht wie ein Echo im Nebel in den Mix ein und verschwindet wieder, stets präsent, aber nie aufdringlich. Der Song behandelt Themen wie Entfremdung, Erwachen und die Wiedererlangung von Handlungsfähigkeit. Mit der Wiederholung des Wortes „disengaged“ verändert sich seine Bedeutung langsam – vom Symbol der Kapitulation zur Unabhängigkeitserklärung. „Slipping“, der Begleittrack, bietet einen ruhigeren, introspektiven Gegenpol. Während „Disengaged“ wie ein äußerer Aufruf zum Handeln wirkt, wirkt „Slipping“ eher wie eine innere Reflexion. Es beginnt mit einer zarten Akkordfolge, umhüllt von sanften Synthesizer-Texturen, die die emotionale Tiefe von Künstlern wie Cocteau Twins oder Grouper heraufbeschwören. Die Atmosphäre ist eindringlich, während sich der Song allmählich in einem meditativen Ambient-Pop-Stil entfaltet. Der Gesang wird gemildert und mit Effekten unterlegt, wodurch die Grenze zwischen Instrument und Stimme – ein typisches Merkmal des Shoegaze – weiter aufgelöst wird. Doch unter der üppigen Produktion verbirgt sich rohe Verletzlichkeit. Der Refrain „I’m slipping / into the blue“ suggeriert keine Verzweiflung, sondern vielmehr eine stille Hingabe an die Transformation, ein Loslassen, das zu etwas Neuem führt. Was diese Veröffentlichung auszeichnet, ist die kühne künstlerische Vision des dazugehörigen Musikvideos.



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Unter der Regie von Michelle Gemma verleiht das Video den Songs eine mythische, poetische visuelle Erzählung. Im heutigen Mystic wird Jeanne d’Arc wiedergeboren – nicht als fernes Relikt, sondern als lebendige Verkörperung weiblicher Stärke. In einer Mischung aus mittelalterlicher und moderner Kleidung wird diese neue Jeanne zu einer Ikone der Rebellion und des spirituellen Widerstands. Die Natur selbst spielt bei dieser Verwandlung eine Schlüsselrolle: Weite Aufnahmen von Meereslandschaften, Wäldern und offenen Feldern verankern Jeannes Wiedergeburt in der rohen Kraft der Natur. Die Stadt Mystic – ihre maritime Geschichte und ihr Name – bietet die perfekte Kulisse für diese spirituelle Neuerzählung. Die Bildsprache des Videos spiegelt den traumhaften Klang der Musik wider. Körnige Texturen, sanfte Beleuchtung und ein langsames, meditatives Tempo verleihen den Bildern den Eindruck einer langsam auftauchenden Erinnerung. James Cantys Schnitt verbindet Ton und Bild nahtlos; Flammen flackern synchron zum Gitarren-Feedback, und eindringlicher Gesang durchzieht Szenen, in denen Joan Wind und Meer trotzt. Diese Momente der Synchronizität verstärken die emotionale Wirkung und schaffen ein vollkommen immersives Erlebnis.


„Disengaged b/w Slipping“ ist nicht nur eine Auswahl von Songs – es ist eine Meditation über die Wiederentdeckung verlorener Geschichten. Delta of Venus stellt sich vor, was passiert wäre, wenn unsere Heldinnen überlebt hätten, wenn ihre Geschichten in einer Revolution statt im Martyrium geendet hätten. Der duale Charakter der Veröffentlichung – beide Tracks werden gleichwertig behandelt – unterstreicht die Idee, dass Widerstand und Selbstreflexion Hand in Hand gehen. Sie sind zwei Wege zur Befreiung, beide gleichermaßen wichtig. Dieses Debüt etabliert Delta of Venus als mehr als nur eine Band – sie sind Geschichtenerzähler, Mythenschöpfer und Klangarchitekten. Mit dieser Veröffentlichung präsentieren sie sich als Künstler, die Musik und Erzählung in eine moderne Folklore einweben können. Ihr Sound, durchdrungen von verträumten Texturen, dient als Gefäß für größere emotionale und kulturelle Fragen. Fans von Dream Pop, Shoegaze, feministischer Theorie oder filmischem Storytelling werden hier viel Bewunderung finden. Doch im Kern ist „Disengaged b/w Slipping“ eine Absichtserklärung – eine Einladung, die Vergangenheit neu zu interpretieren und die Zukunft durch Klang, Bild und Mythos zurückzuerobern.




SCHRIFTSTELLER: Carl

 
 
 

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