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„DoraLee (Gravity)“ von Rosetta West

  • Autorenbild: CARL
    CARL
  • 16. Juni
  • 2 Min. Lesezeit
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Die beständige Underground-Größe Chicagos, Rosetta West, meldet sich mit einem neuen visuellen und klanglichen Statement zurück, das ebenso verstörend wie hypnotisch ist. Ihr neuestes Werk „DoraLee (Gravity)“ ist Teil der kommenden Gravity Sessions – einer Reihe von Aufnahmen, die die Band in einer rohen, unverfälschten Atmosphäre in den legendären Gravity Studios zeigen. Im Gegensatz zu den glattpolierten Musikvideos, die heute die Landschaft dominieren, setzt dieses Video auf Rauheit, Surrealismus und künstlerisches Risiko. Auf einem Fundament aus wuchtigem Blues-Rock entfaltet sich eine von Mythen durchdrungene Erzählung, die militärische Bildsprache mit mystischen weiblichen Archetypen verwebt.


Das Ergebnis wirkt weniger wie ein klassisches Musikvideo, sondern eher wie ein esoterischer Fiebertraum. Im Zentrum des Videos steht ein abgekämpfter Panzerkommandant – eine Figur, die gleichermaßen als reale Gestalt wie als symbolischer Träger funktioniert. Er verfällt in eine Obsession, nachdem er einer rätselhaften, anderenweltlichen Erscheinung begegnet ist. Im Verlauf verwandelt sich diese Erscheinung in mythologische Göttinnen wie Ishtar, Hekate und Kali – jede Gestalt vertieft die Themen von Macht, Verlangen und kosmischer Vergeltung. Das Aufeinandertreffen von militärischem Maschinenwesen und göttlich-femininer Energie ist zugleich verstörend und faszinierend – eine konzeptuelle Tiefe, die im zeitgenössischen Blues-Rock selten geworden ist.

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Am Ende bleibt offen: Ist der Kommandant Opfer, Sünder oder Suchender? Musikalisch ist „DoraLee (Gravity)“ kompromisslos. Rosetta Wests charakteristische Mischung aus rauem Blues, psychedelischen Einflüssen und globalen Folk-Texturen bricht mit ungebremster Dringlichkeit hervor. Joseph Demagores Gesang schneidet mit Klarheit und Verzweiflung durch den Mix, während Herf Guderians Basslinien und Mike Weavers Schlagzeugspiel eine Atmosphäre schaffen, die gleichermaßen Ritual wie Rebellion ist. Der bewusste Verzicht auf Glätte sorgt für einen Sound, der sich gelebt anfühlt – jede Note ein blauer Fleck, jede Zeile eine Narbe. Die in einem Take eingefangene Performance innerhalb der Gravity Sessions verstärkt die Unmittelbarkeit und emotionale Wucht des Songs.


Seit über drei Jahrzehnten steht Rosetta West für kompromisslose Kreativität. Abseits kommerzieller Formeln haben sie ein Werk geschaffen, das sich auf verborgene Mythologien, globale Rhythmen und ungeschönte Musikalität stützt – immer auf der Suche nach jenen, die nach mehr Tiefe verlangen. „DoraLee (Gravity)“ ist da keine Ausnahme. Es fordert volle Aufmerksamkeit – und belohnt sie mit Bedeutungsschichten und emotionaler Resonanz. In einer Musikwelt, die sich oft mit oberflächlichen Botschaften begnügt, taucht Rosetta West weiterhin furchtlos in die dunkleren, komplexeren Bereiche des menschlichen Erlebens ein. Dieses Werk sollte man nicht nur hören – sondern erleben.



SCHRIFTSTELLER: Carl

 
 
 

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