,,DRUNK TEXTING“ von Exzenya
- CARL

- 31. Juli
- 2 Min. Lesezeit

Exzenyas „Drunk Texting“ beginnt wie ein Geständnis um drei Uhr morgens halb lachend, halb peinlich berührt und vollkommen unvergesslich. Basierend auf einem echten Vorfall in Miami, bei dem ihr Sohn und ein unkontrollierbares Handy im Mittelpunkt standen, erzählt der Song nicht einfach eine Geschichte – er inszeniert sie. Mit Charme, Ironie und furchtlosem Humor verwandelt Exzenya digitale Blamagen in musikalisches Gold. Das Ergebnis ist eine wilde, glitzernde Fahrt, die die Absurdität moderner Missverständnisse auf erfrischend ehrliche Weise einfängt. Die Produktion ist ein Spiel der Gegensätze verspielt, aber durchdacht; chaotisch und doch präzise. Von Beginn an pulsiert der Rhythmus wie ein rasendes Herz, das die Panik spiegelt, wenn man realisiert, dass das Handy womöglich ein Eigenleben hatte. Exzenyas Stimme setzt ein atemlos, scharf, als würde sie mitten im Gespräch beim Brunch die Geschichte nochmals erleben.
Der Beat baut sich auf, ohne je zu dominieren, sodass jedes Detail mit komödiantischer Genauigkeit wirken kann. Die Zeile „Last night my phone drunk texted you“ schlägt ein wie die Pointe eines perfekt gesetzten Witzes. Doch dies ist weit mehr als nur eine lustige Anekdote auf einem Beat – es ist ein clever konstruierter Popsong. Der Refrain mit seinen geisterhaft hallenden „You ooh who“-Harmonien balanciert gekonnt zwischen Ohrwurm und emotionalem Nachhall. Unter der Leichtigkeit liegt Verletzlichkeit – ein unausgesprochenes Eingeständnis, dass wir manchmal die Kontrolle verlieren, nicht nur über unsere Handys, sondern auch über unsere Gefühle. Der Track lädt dazu ein, durch die Peinlichkeit zu tanzen, statt vor ihr wegzulaufen – musikalische Erlösung durch Rhythmus und Reim. Was „Drunk Texting“ wirklich besonders macht, ist sein kompromissloses Bekenntnis zum Unperfekten.

Die DIY-Atmosphäre aufgenommen in einer selbstgebauten Gesangskabine aus PVC-Rohren und Decken verleiht dem Track eine rohe, greifbare Qualität, die zum Inhalt passt. Es ist, als hätte Exzenya gesagt: „Wenn ich mich schon bloßstelle, dann ganz ehrlich.“ Diese Energie durchzieht die gesamte Produktion nicht glattgebügelt, nicht gefiltert, einfach echt und auf eigenartige Weise stärkend. Exzenyas Gesang verdient besondere Aufmerksamkeit. Sie beherrscht das Spiel zwischen Performance und Bekenntnis, transportiert jene selbstironische Unordnung, die das Geschichtenerzählen im digitalen Zeitalter prägt. Ihr Ton schwankt zwischen satirischer Schärfe und emotionaler Offenheit, sodass man sich gleichzeitig amüsiert und verstanden fühlt.
Ob in den fließenden Strophen oder beim kraftvollen Refrain ihr Timing ist makellos: eine seltene und erfrischende Mischung aus Pop-Instinkt und theatralischer Intuition. In einer Flut von überproduzierten Songs, die Trends hinterherjagen, wirkt „Drunk Texting“ wie ein ungeschönter Atemzug frischer Luft. Es ist chaotisch, bewusst, urkomisch und gleichzeitig berührend. Exzenya macht sich nicht nur über einen peinlichen Moment lustig – sie verwandelt ihn in eine Hymne für alle, die jemals zu früh auf Senden gedrückt haben. Eine Einladung, über sich selbst zu lachen und vielleicht sogar das Chaos zu feiern. Denn in ihrer Welt können selbst die schlimmsten Nächte zu funkelnden, beatgetriebenen Wahrheiten werden.
SCHRIFTSTELLER: Carl





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