,,Gravity Sessions” von Rosetta West
- CARL

- 1. Juli
- 2 Min. Lesezeit

Aus den tiefen Untergründen des Illinois-Bluesrocks erhebt sich Rosetta West erneut mit ,,Gravity Sessions” einer sieben Tracks starken Live-Aufnahme, die sowohl die Verwurzelung in der Tradition als auch den Blick ins mystische Unbekannte einfängt. Veröffentlicht am 7. Juni 2025, ist dieses Werk mehr als nur eine Rückkehr zur Form es ist eine Rückkehr zu einem spirituellen Zentrum. Größtenteils live im renommierten Gravity Studios in Chicago aufgenommen, ist das Album roh, unmittelbar und von spürbarer Intention durchzogen. Angeführt von Gründungsmitglied und Songwriter Joseph Demagore an Gesang und Gitarre, zusammen mit Langzeit-Drummer Mike Weaver und Bassist Herf Guderian, reduziert Rosetta West den Sound auf das Wesentliche, ohne die vielschichtigen Texturen zu verlieren, die die Band seit den 90ern prägen. Hier gibt es keinen Lack, kein Verstecken nur Überzeugung, Chemie und tiefer Respekt vor der Musik. Produzent Doug McBride verleiht dem Ganzen mit sicherer Hand Form und sorgt dafür, dass die Energie aus dem Studio sich in eine Aufnahme übersetzt, die so lebendig wirkt wie eine Flamme.
Der Opener „Dora Lee (Gravity)“ ist eine eindringliche Neuinterpretation eines bekannten Stücks und setzt den Ton für langjährige Fans neu. Die Schwerkraft hier liegt nicht nur im Namen des Studios sie liegt im Gewicht der Erinnerung, in der rituellen Wiederholung, neu gedacht. Jeder Akkord wirkt bewusst gesetzt, jede Zeile wie eine Zeremonie getragen. Das ist keine Nostalgie, sondern Erneuerung. Direkt danach folgt mit „Suzie (Gravity)“ das Herzstück des Albums eine Mischung aus rauem Blues und psychedelischem Schimmer. Die lockere Struktur des Songs passt perfekt: rhythmisch fest verankert, aber offen im Ausdruck. Das Live-Gefühl zieht den Hörer direkt in den Raum hinein, in den Atem zwischen den Noten, in die stillen Momente, die in der Perfektion vieler Studioaufnahmen oft verloren gehen.
Immer wieder blitzen im Verlauf des Albums Einflüsse weltmusikalischer Folkinstrumente auf, während spirituelle Untertöne sich durch die Texte ziehen und dem Bluesrock eine meditative Tiefe verleihen. Von den ersten Tönen von „Dora Lee (Gravity)“ bis zum letzten Akkord von „Venous Blue (Gravity)“ liefert Rosetta West eine Performance, die Maßstäbe dafür setzt, was ein Live-Album sein kann. Hier muss nichts durch Produktion gerettet werden die Songs stehen für sich. Die kluge Produktion hebt lediglich hervor, was ohnehin schon stark ist. Rosetta West bleibt sich treu: Suchende vor allem anderen. Und auch wenn das Album eine gewisse Unruhe hinterlässt nichts löst sich ganz auf, nichts bleibt haften, bleibt der Eindruck bestehen. Das ist keine Schwäche, sondern ein Versprechen.
,,Gravity Sessions” ist kein Schlusswort, sondern ein Wendepunkt. Eine Geste in Richtung eines größeren Ganzen. Zeitlos, ortlos, ungebunden an Trends bleibt Rosetta West kompromisslos sie selbst. Mit diesem Album gehen sie nicht von ihrer Vergangenheit fort — sie tauchen tiefer in ihr eigenes Wesen ein. Eine stille Weiterentwicklung, festgehalten in Echtzeit, bereit, über die Studiowände hinaus zu klingen.
SCHRIFTSTELLER: Carl









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