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,,Ragnarök in Berlin” von Nordstahl

  • Autorenbild: CARL
    CARL
  • 26. Juli
  • 2 Min. Lesezeit
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Nordstahls ,,Ragnarök in Berlin” kennt keine Zurückhaltung – es explodiert. Dieses Album lädt nicht höflich zum Zuhören ein, sondern packt dich am Kragen und schleift dich in eine vom Smog erstickte Einöde, in der nordische Mythologie nicht nacherzählt, sondern brutal wiederbelebt wird. Es ist keine Hommage an die Vergangenheit, und auch keine reine Dystopie – vielmehr ein klanggewordener Aufstand gegen den passiven Verfall der Gegenwart. Vom ersten verzerrten Synth-Schlag an wirst du in einen Klangkrieg gestoßen, der deine Aufmerksamkeit fordert und Gleichgültigkeit bestraft. Der Auftakt ,,Midgards Schlaf” seziert gesellschaftliche Betäubung mit chirurgischer Gewalt. Maschinelle Riffs kreisen wie Zahnräder, die sich selbst zu Staub zermahlen, während geisterhafte Verzerrungen darunter kriechen Schlaf ist hier kein Frieden, sondern Lähmung.


Diese Musik baut nicht langsam auf sie ist der Höhepunkt. Jeder Takt schlägt gnadenlos auf den nächsten, eine musikalische Anklage gegen eine Welt, die Trägheit mit Harmonie verwechselt. Der Titeltrack ,,Ragnarök in Berlin” verwandelt das mythische Weltenende in eine zeitgenössische Abrechnung. Keine göttliche Apokalypse sondern eine schleichende, selbstgewählte Auslöschung. Die Drums krachen wie Beton unter Spannung, während die Synths wie Luftschutzsirenen im Datenrauschen heulen. Es ist nicht einfach der Klang des Zusammenbruchs es ist der Sound einer Gesellschaft, die ihn bewusst immer wieder wählt und als Fortschritt bezeichnet. Nordstahls Stärke liegt in der Fähigkeit, alte Symbole zu verkörpern, ohne sie zu verklären. In Lokis Lügen wird Täuschung zur modernen Währung – formbar, verkäuflich, profitabel. ,,Mjölnir” ist kein Ruf zur Schlacht, sondern ein Mausoleum ungelebter Macht ein düsteres Bild kollektiver Ohnmacht.

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Besonders erschütternd ist ,,Friggs Falscher Trost”, wo Trost zur Komplizenschaft wird und falsche Beruhigung sich als Form der Gewalt entpuppt. Der emotionale Einschlag kommt nicht dramatisch er sickert mit der Unvermeidlichkeit des Verfalls. Die Produktion ist gnadenlos präzise jeder metallische Schlag, jeder seismische Bassstoß sitzt messerscharf. Und doch entdeckt Nordstahl zwischen all dem industriellen Inferno eine seltsame Erhabenheit. Unter der rostigen Oberfläche lauert eine fast sinfonische Tiefe das Gespenst einer Hoffnung, die noch nicht ganz verschwunden ist. ,,Ragnarök in Berlin” ist nicht einfach ein Album. Es ist eine Konfrontation. Es endet nicht es lässt dich in der Asche stehen, fragend, wie lange du schon geschlafen hast. Und ob du rechtzeitig aufwachen wirst.


SCHRIFTSTELLER: Carl

 
 
 

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