„Underwater City“ von Florent C.
- CARL
- vor 2 Tagen
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Florent C.s „Underwater City“ fordert dich nicht nur zum Zuhören auf es fordert dich zum Eintauchen auf. Der belgische Künstler erschafft ein elf Titel umfassendes Werk, das weniger wie eine Sammlung von Songs wirkt, sondern wie ein Abstieg in eine versunkene Metropole, in der Klang den Sauerstoff ersetzt und Emotion in jeder Strömung spürbar ist. Schon mit den ersten Pulsschlägen von „Perfect Disaster“ wird klar, dass diese Welt aus Atmosphäre und Detail geformt ist: flackernde Synthesizer, sanfte, aber bestimmte Vocals und eine filmische Spannung, die zwischen Schönheit und Zusammenbruch schwebt. Es ist Dream-Pop mit dunklen Adern elegant, aber nie selbstzufrieden. Mit „Phonetic Dreams“ wendet sich Florent der Flüssigkeit zu jeder Ton scheint in Zeitlupe zu schweben, wie Luftblasen, die an die Oberfläche steigen.
Die Produktion schimmert, eine Balance zwischen Klarheit und Dunst, die an die emotionale Präzision des modernen Alt-Pop erinnert und doch geheimnisvoll bleibt. Wenn der Titeltrack „Underwater City“ einsetzt, vertieft sich die Welt: Der Song bewegt sich mit der Geduld einer Gezeitenwelle, ein Vokalduett driftet zwischen Intimität und Entfremdung. Das Stück wirkt zugleich persönlich und entrückt, als würde es aus den Tiefen eines unsichtbaren Ozeangrabens geflüstert. Zur Mitte des Albums hin zerbricht die Spannung auf faszinierende Weise. „He Never Talked“ reduziert alles auf das Wesentliche seine stille Minimalistik lässt Emotion in den Pausen zwischen den Tönen atmen. Dann folgt „Guinea Pig“, der experimentelle Puls der Platte zuckende Beats, unruhige Schichten, ein Gefühl von Paranoia, das sich durch den Rhythmus windet.

Es ist ein Wendepunkt, der Unbehagen in die Ruhe einführt und Florents Bereitschaft zeigt, Schönheit und Unruhe nebeneinander bestehen zu lassen. „Ice-Cold“ und „Bee’s Knees“ erweitern diesen Dialog der Gegensätze. Ersteres schneidet mit scharfen Kanten metallische Gitarren und geflüsterte Verse erschaffen eine gefrorene Gefühlslandschaft, während Letzteres plötzlich in Farbe und Bewegung explodiert, ein spielerischer Ausflug in retrohafte Pop-Rhythmen. Diese Momente der Leichtigkeit wirken verdient, als Beweis dafür, dass selbst in dieser Unterwasserwelt das Licht noch Wege findet, sich zu brechen und zu tanzen.
Das letzte Drittel trifft mit leiser Wucht. „There’s Nobody Left“ entfaltet sich langsam, sein melancholisches Klavier und die aufsteigenden Vocals fangen Einsamkeit in ihrer reinsten Form ein wie ein letzter Atemzug vor dem Auftauchen. „Shut Up“ beendet das Album mit einem trotzigen Stoß: direkt, rhythmisch und voller poppiger Unmittelbarkeit, die den Nebel der Melancholie durchschneidet. Als Ganzes ist „Underwater City“ sowohl Flucht als auch Spiegel eine emotionale Landschaft, in der Schönheit und Zerbrechlichkeit untrennbar verbunden sind und jeder Klang wie ein Herzschlag unter Wasser widerhallt.
SCHRIFTSTELLER: Carl
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