„WE BOTH CAN FALL" von Michellar
- CARL

- vor 2 Tagen
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Michellar kehrt mit „We Both Can Fall" zurück, einem Song, der sich sofort wie eine vom Wind davongetragene Tagebuchseite anfühlt, die man zufällig findet. Der Titel beginnt mit einem leisen Schimmer einem unterschwelligen Glühen, das eher Verletzlichkeit andeutet, als sie offen auszusprechen. Doch innerhalb weniger Sekunden fällt Michellars Stimme wie warmes Licht durch Nebel ein und offenbart eine emotionale Ehrlichkeit, die sich nicht verbergen lässt. Man hört sie nicht nur man spürt jede Silbe, die sie zwischen den Noten loslässt. Die Produktion lädt die Hörer in einen Raum ein, der handgefertigt wirkt, nicht überproduziert. Nichts ist überladen. Akustische Texturen atmen, Harmonien schweben wie sanfte Echos, und ein zarter Rhythmus hält den Song zusammen, ohne seine Zerbrechlichkeit zu stören.
Es ist ein Stück, das Nähe verlangt eines, dem man sich unwillkürlich zuneigt, aus Angst, die kleinsten Nuancen zu verpassen. Jede Schicht fühlt sich absichtlich platziert an, als wäre sie mit zitternden Fingerspitzen gesetzt worden. Was den Song besonders macht, ist sein Gefühl gemeinsamer Menschlichkeit. „We Both Can Fall" predigt weder Stärke noch Triumph; stattdessen findet er Mut darin, anzuerkennen, wie leicht wir zerbrechen können. Michellar singt nicht von einem Podest herab, sondern vom Boden aus auf Augenhöhe mit dem Zuhörer. Dadurch trifft der Refrain wie eine kleine Offenbarung: die Erkenntnis, dass Fallen kein Fehler ist, sondern eine universelle Wahrheit. Sie verwandelt diese Wahrheit in etwas Melodisches, fast Tröstliches.

Der emotionale Kern des Songs spiegelt eine Künstlerin wider, die viele Leben im Schweigen gelebt hat und sie nun in Farbe freigibt. Michellars lange Pause vom Songwriting scheint ihr Reservoir eher vertieft als geleert zu haben. In der Art, wie sie manche Zeilen phrasiert, liegt eine Dringlichkeit als hätten sie jahrzehntelang darauf gewartet, ausgesprochen zu werden. Und trotzdem bleibt die Darbietung sanft, nie gehetzt, nie erzwungen. Es ist die Geduld einer Person, die das Timing im Leben ebenso versteht wie im Musizieren. Ihre kreative Wiederbelebung, die nach Jahren fern ihrer Kunst neu entfacht wurde, strahlt in der Single wie ein neuer Tagesanbruch. „We Both Can Fall" fühlt sich zugleich wie eine Rückkehr und ein Neubeginn an: eine Künstlerin, die in ihre eigene Geschichte zurücktritt und gleichzeitig ein neues Kapitel schreibt.
Es liegt eine Furchtlosigkeit in dieser Wiedergeburt die Art, die nur entsteht, wenn man seine eigene Stimme wiederfindet und ihr bewusst vertraut. Am Ende schenkt Michellar mehr als nur einen Song sie schenkt eine Einladung. Zum Innehalten. Zum Durchatmen. Zur Annahme unseres unvollkommenen, stolpernden Selbst. „We Both Can Fall" erinnert daran, dass Musik noch immer Raum schaffen kann für Verletzlichkeit ohne Spektakel, für Sanftheit ohne Schwäche. Es ist der Klang einer Künstlerin, die ihre eigene Schwerkraft wiederentdeckt und sich entscheidet, dem Zug nicht zu widerstehen, sondern den Fall in etwas Schönes zu verwandeln.
SCHRIFTSTELLER: Carl





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