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,,THIS AGAIN” von Brood22

  • Autorenbild: CARL
    CARL
  • 20. Juni
  • 2 Min. Lesezeit
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Aus dem verregneten, grauen Nordwesten der USA meldet sich Brood22 mit „this again“ – einer langsam brennenden, emotional aufgeladenen Single, die sich anfühlt wie eine vergilbte Postkarte von einer verlassenen Wüstenstraße. Das Projekt – getragen von einem einzelnen, anonymen Musiker – verbindet die introspektive Schwere des Slowcore mit der weiten, staubigen Atmosphäre des Desert Rock und erschafft damit ein Werk, das zugleich wie ein leises Geständnis und ein innerer Zusammenbruch wirkt. „this again“ bewegt sich thematisch durch das schmerzhafte, allzu vertraute Terrain des Sich-Verlierens in toxischen Beziehungsmustern. Es beschreibt diesen schleichenden Identitätsverlust, der entsteht, wenn Abhängigkeit sich langsam in das eigene Leben frisst – nicht in Form von lauten Streitereien oder dramatischen Szenen, sondern in stiller, umso zerstörerischerer Resignation.


Der Gesang klagt nicht und bittet nicht um Mitleid; er schwebt sanft und fast beiläufig über dem spärlichen Klangteppich, als würde jemand aus einer inneren Erschöpfung heraus sprechen. Der Satz „this again“ ist weniger Anklage als vielmehr ein müdes Eingeständnis – die bittere Erkenntnis, dass man sich erneut auf denselben Irrweg eingelassen hat. Klanglich ist die Herkunft von Brood22 aus Südarizona deutlich zu spüren. Auch wenn die Musik nun im grauen Nordwesten wächst, klingt zwischen den Akkorden immer noch der Geist der Wüste nach. Die Rhythmusgitarre schleppt sich langsam voran, schwer, hallend, tief gestimmt, eher ziehend als treibend – wie schwere Stiefel, die durch heißen Sand schleifen. Die Leadgitarre klingt aus der Ferne hinein, wie flirrende Luft über heißem Asphalt – schön, aber ungreifbar, mehr Atmosphäre als klare Melodie.


Das Tempo der Musik spiegelt den inneren Zustand wider, den sie beschreibt: schwer, schwebend, irgendwo gefangen zwischen Erschöpfung und Taubheit. Doch es ist das Ende, das wirklich Spuren hinterlässt. Nach diesem trägen, halbschlafartigen Dahintreiben bricht plötzlich eine Wand aus verzerrtem Fuzz-Sound über den Hörer herein. Keine Erlösung, kein Triumph – eher der Moment des inneren Zusammenbruchs, ein verzerrter, fast hilfloser Schrei, der sich endlich an die Oberfläche kämpft. Der Sound ist rau, kaputt, voller Fransen – am Ende bleibt nur emotionales Rauschen zurück. Es fühlt sich an, als ob die Last der Wiederholung einfach zu schwer wurde und alles in sich zusammenfällt. Brood22 setzt hier nicht auf Effekthascherei.


„this again“ schreit nicht nach Aufmerksamkeit – es kriecht leise unter die Haut, wie eine Erinnerung, die man einfach nicht loswird. Ein Song für nächtliche Autofahrten auf leeren Straßen, für das erneute Schreiben an jemanden, von dem man längst weiß, dass es falsch ist – für diesen stillen, nagenden Schmerz, immer wieder denselben Fehler zu machen. In einer Musiklandschaft voller ironischer Herzschmerz-Hymnen und glatt produzierter Trennungssongs bietet Brood22 hier etwas Unverfälschtes, Rohes und erschütternd Echtes. „this again“ verspricht keinen Trost, keine Erlösung – nur die schonungslose Wahrheit, erneut in dieselbe Falle getappt zu sein.



SCHRIFTSTELLER: Carl

 
 
 

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