„REACH THE STARS“ von Alex Wellkers
- CARL
- vor 15 Stunden
- 2 Min. Lesezeit

Alex Wellkers’ „Reach the Stars“ ist ein Album, das mit großem Ehrgeiz nach den Sternen greift und dabei oft zwischen Brillanz und Übertreibung schwankt. Aus Zürich stammend, verbindet Wellkers rockige Grundlagen mit monumentalen, fast schon filmischen Anklängen, ergänzt durch klassische Instrumentierung und mehrsprachige Texte. Es ist ein Werk, das Aufmerksamkeit einfordert, selbst wenn es gelegentlich aus dem Gleichgewicht gerät als wollte es ein Meisterwerk schaffen und stolpere dabei manchmal über seinen eigenen Anspruch. Am Ende bleibt eine Klangreise, die weit, unvorhersehbar und voller Persönlichkeit wirkt. Der Opener „We Knew It All“ bereitet mit orchestraler Wucht und einem Gesang vor, der ins Theatralische strebt, die Bühne. Streicher und Klavier türmen sich übereinander, während seine raue Stimme eine intensive Dringlichkeit hineinträgt, die nach etwas Monumentalem klingt. An manchen Stellen hebt das Stück ab, an anderen wirkt es von seiner eigenen Schwere gebremst.
Dennoch macht es deutlich, was Wellkers vorhat: Dies ist kein Album, das Angst vor Risiko oder Pathos hat. Mit „Bring Me the Keys“ folgt dann ein Song, der die schwere Atmosphäre aufbricht und klarere Konturen zeigt. Die Gitarren rücken in den Vordergrund und verleihen dem Stück eine rauere Schärfe. Es ist kompakter, treffsicherer und gehört zu den wenigen Tracks, die Einfachheit über Spektakel stellen. Genau diese Dringlichkeit macht das Lied zu einem Höhepunkt und lässt den Wunsch zurück, das Album würde öfter diese rohe Energie zulassen. In der Mitte versuchen Balladen wie „See Me There“ und „Desert Island“ Verletzlichkeit einzufangen. Während ersteres im Ungefähren schwebt und Emotionen nur andeutet, ohne sie lyrisch festzuhalten, gewinnt letzteres durch interessante Percussion und einen eingängigen Hook an Stärke.

Hier zeigt sich Wellkers’ Experimentierfreude mit Stimmung und Klangfarbe auch wenn die Songs stellenweise Gefahr laufen, eher als Hintergrundmusik durchzugehen, statt die volle Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Später bringt das Album sowohl spannende als auch verwirrende Momente. „There Is Cars“, schon mit seinem fragwürdigen Titel, will exzentrisch sein, landet aber eher im Rätselhaften. Die mehrsprachigen Einsätze (Alles Nicht So Schlimm und Tu Es Ici) fügen eine kulturelle Dimension hinzu, bleiben aber uneinheitlich der deutsche Track wirkt authentisch und geerdet, während das französische Stück seinen Platz nicht ganz findet. Auf der anderen Seite kracht Mystic Saint mit Energie und Wucht hinein, erfüllt von chaotischer Kraft, die sich ungebremst entfaltet und das in bester Weise.
Wenn Au Revoir das Album schließlich in sanftem Flüstern beendet, fühlt es sich an, als habe „Reach the Stars“ die Hörer durch einen ganzen filmischen Bogen geführt – mit dramatischen Höhepunkten, nachdenklichen Tälern und unvorhersehbaren Ausbrüchen. Es ist ein kühnes, sternenverliebtes Statement von Alex Wellkers, voller Ehrgeiz und Herz, auch wenn es sich manchmal an seiner eigenen Schwere verschluckt. Am stärksten wirkt es, wenn es auf rohe Kraft statt auf bombastisches Pathos setzt. Dennoch hinterlässt sein epischer Anspruch Eindruck. Für alle, die Alt-Rock mit orchestraler Größe und europäischem Flair mögen, ist dieses Album eine Reise wert ein fehlerhafter, aber faszinierender Griff nach etwas Größerem.
SCHRIFTSTELLER: Carl